Gemeinde Rötgesbüttel – Schmiede das Eisen solange es heiß ist – Rötgesbüttels Schmieden

 

Ein Bauerndorf wie Rötgesbüttel ohne Schmiede – undenkbar.  Mit der Mechanisierung in der Landwirtschaft wurde auch das Schmiedehandwerk unverzichtbar. Wurden vor Jahrhunderten hauptsächlich Waffen, Zäune, Türschlösser und -bänder oder Gegenstände aus der Küche oder dem Viehstall geschmiedet, so standen in der Zeit zwischen den Weltkriegen in den Dorfschmieden Pflüge und andere Ackergeräte oder auch das Beschlagen von Ackerpferden im Vordergrund. Rötgesbüttel hatte, trotz der nur etwa 500 Einwohner, in dieser Zeit vier Schmieden. Bis heute übrig geblieben ist nur unser Schmiedemeister Carsten Baumgart und sein Betrieb in der Schmiedestraße!. Aber auch dieses Haus besitzt eine wechselvolle Geschichte. Als Simonshoff oder Simonkothe bereits 1654 urkundlich erwähnt, ist dort spätestens ab 1678 auch eine Schmiede zuhause. Drei Jahrhunderte war der Hof samt Schmiede im Besitz der Familie Knupper, wurde 1893 sogar zusätzlich die erste Postagentur von Rötgesbüttel. Das Schmiedehandwerk lag aber fast einhundert Jahre brach, erst zu Beginn der 1970er Jahre wurde durch Carstens Vater Arnolf wieder Feuer in der Esse entzündet.

Bleiben wir in der Schmiedestraße. Zweihundert Meter Richtung Westen, unmittelbar vor der heutigen Fußgängerampel, traf man auf die zweite Schmiede, die der Familie Rohde. 1927 von Friedrich Rohde gekauft, wurde die Schmiede durch seine Familie bis Mitte der 1970er Jahre betrieben. Eigentlich wurde der Betrieb jedoch 1875 in einem Haus an der Hauptstraße (Haus Nr. 68, Sandau), gleich hinter der ehemaligen Tankstelle Richtung Meine, von einem Robert Poppe gegründet. Der ostpreußische Wandergeselle Friedrich Rohde übernahm später diese Schmiede und mietete sich dort ein, bis er 1927 das Haus in der Schmiedestraße erwarb und umzog.

Weitere 100 Meter Richtung Süden, wir sind jetzt in der Schulstraße, gab es eine dritte Schmiede, die von Otto Wolter. Hier durfte ich staunend zusehen, wie unsere beiden Ackerpferde beschlagen wurden. Um 1960 waren Traktoren noch rar, viele Kleinbauern ackerten noch mit den Kaltblütern. Dass das glühende Eisen dem Pferd Pfanni keine Schmerzen bereitete, war für mich nicht verständlich, stieg doch bei der Berührung des glühenden Metalls eine stark riechende Wolke von Rauch aus verbranntem Pferdehuf auf. Und dann noch die Nägel, die Hufeisen wurden immerhin am Huf angenagelt. Für mich damals eine schreckliche Vorstellung. Erstaunlich war, dass Pfanni nicht vor Schmerzen wieherte, sondern geduldig alles mit sich geschehen ließ. Trotzdem hatte die Schmiede keine Zukunft und existierte nur die kurze Zeit von 1938 bis in die 1960er Jahre.

Die vierte Schmiede war bis vor kurzem noch als „Alte Schmiede“ zu finden, gemeint ist der Imbiss der Fleischerei Emmerich. In diesem Gebäude, damals in Nachbarschaft der Fleischerei, arbeitete früher auch ein Schmied. Eingerichtet vermutlich vor 1898, wurde die Schmiede zunächst von Hermann Busch aus Vordorf betrieben. Schmiedemeister Otto Wolter, Besitzer der dritten genannten Schmiede, lernte bei Hermann Busch sein Handwerk. 60 Jahre später gab es in dem eigentlich leerstehenden Gebäude noch Teile der Schmiedeeinrichtung. Dann kaufte Walter Emmerich das zugehörige Wohnhaus nebst Schmiede und baute später diese zu einem Imbiss um. Um die Mittagszeit ist die alte Schmiede heute zu einem beliebten Treffpunkt geworden.

In der heutigen Zeit, geprägt durch industriell gefertigte Produkte, haben die Schmieden ihren Stellenwert im Dorf verloren. Nur bei Carsten Baumgart glüht noch die Esse. Pflüge und Landmaschinen gibt es jedoch kaum noch zu reparieren.

Hermann Schölkmann

2 Antworten

  1. Samtgemeinde Hübner sagt:

    ok

  2. Ria Melius-Thiele sagt:

    18.12.2023

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